Tagebuch von Arthur Schnitzler, 19. 5. 1917
19/5 Vm. Besorgungen – vielmehr, ich suchte nach Tabak und Chocolade, vergeblich.– Bei Gisa, Hajek;– treffe Weisse (»Kakonie« über den Wallnerprozeß1) – Salten (über den Prozeß Adler 2. Nie hat ein Mörder solch einen Erfolg gehabt. Ein Mann.– K. hat erklärt, er werde die Judenpresse vernichten; darauf hin – erklärt S. die ihm eben angetragene Chefred. Stelle am Fremdenblatt mit 36.000 Kr.– nicht anzunehmen und verbleibt – mit 24.000 als Kritiker wie bisher. (Natürlich unwahr.) – K. hat ein Pressbureau, sei eitel wie ein Tenor – wie Fritz Werner.– Vortrag Bahrs für den »Piusverein«3;– S. wohnte bei;– Hugo und Gerty – Gerty fand den Vortrag – »überzeugend«).
– Ins Regina, bei Ama und Mimi – Mimi probirt den Trauerhut, Vicki möchte nächstens mit mir spazierengehen, um mit mir zu sprechen. (Er sagte zu Ama. »Ich hätte St. vom Fleck weg geheiratet.«) – Mit O. heim. (St. neulich, als sie Rudi O. zur Nordbahn begleitete – um ½ 8 morgens von der Friseurin – begegnet,– bittet sie O. nichts zu sagen – O. möchte es als Mangel an Aufrichtigkeit betrachten;– ich erkläre sowohl die Stunde als St.s Schweigen in einfachster Weise –)
Nm. O.: »Ich werde meine Briefe an St., wenn ich sie zurückbekomme, verbrennen . . . Ich bitte dich es auch mit den deinen zu thun –«
– Schrieb am Nachklang.– Beschäftigte mich mit dem »Landsknecht«stoff, las einiges in Freytag und Vehse.–
Nachtmahl auf der Terrasse in trüber Stimmung. Las Jacques le Fataliste zu Ende; mit viel Vergnügen, der Schluss enttäuschte.–
- Tagebuch 1917–1919 Unter Mitwirkung von Peter Michael Braunwarth, Richard Miklin, Susanne Pertlik und Reinhard Urbach hg. v. der Kommission für literarische Gebrauchsformen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Obmann: Werner Welzig Wien Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1985