Tagebuch von Arthur Schnitzler, 5. 1. 1922
5/1 Immer übler die Morgenstunden; durchgewühlt und hoffnungslos . . .
In der Schule von Lili; von Gerda die Aufgaben etc.–
Dictirt Briefe, Aphoristisches.
Nm. am Verführer.–
Zum Thee Werfel; brachte mir »Bocksgesang« (das ich schon gelesen). Sagte ihm einiges darüber und zugleich über die »Sünden wider den heiligen Geist des Dramas1« im allgemeinen (Ruf,– Charolais – Ringelspiel –). Wir sprachen über lyrische, epische, dramatische Kunst- und Lebensform; es war ein wohlthuendes Niveau.–
In ein Kino.–
Telegr. Heini; morgen Ankunft der Kinder. In die Freude – ein heftiger Schmerz, daß nun O. wieder alleinbleibt. Ahnt sie es auch nur?– Ahnt sie wie ich unter ihrem Schicksal, ihrem Leid – wahrscheinlich tiefer leide, als sie selbst?–
- Tagebuch 1920–1922 Unter Mitwirkung von Peter Michael Braunwarth, Susanne Pertlik und Reinhard Urbach hg. v. der Kommission für literarische Gebrauchsformen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Obmann: Werner Welzig Wien Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1993